Jessernigg & Urban

Viktor Jessernig sammelte erste Erfahrungen im Metallgewerbe gemeinsam mit seinem Bruder Josef jun im väterlichen Betrieb Josef Jessernigg Metallwarenfabrik.

Etwa ab 1915 begann Viktor Jessernigg mit der Entwicklung und Produktion von Brückenwaagen, parallel dazu fertigte er immer wieder Maschinen für landwirtschaftliche Betriebe.

Im Jahr 1921 wagte Viktor Jessernigg den Schritt in die Selbstständigkeit und gründete gemeinsam mit Josef Urban das Unternehmen Jessernigg & Urban. Sein Bruder Josef Jessernigg junior übernahm den väterlichen Betrieb und trat zeitweise als Mitbewerber auf.

Im niederösterreichischen Weinviertel spielte die Verarbeitung von Obst und Wein traditionell eine zentrale Rolle. Diesen Bedarf erkannten die beiden Gründer frühzeitig und erweiterten ihr Angebot: Neben dem Bau von Brückenwaagen entwickelten sie Maschinen für den chemischen Pflanzenschutz sowie Branntweinbrenngeräte. Die Geräte wurden überwiegend aus Kupfer und Messing gefertigt und unter dem Markennamen Jessur vertrieben.

Mit dem Eintritt von Ing. Hermann Wiesmayr im Jahr 1924, der das Unternehmen als technischer Entwickler maßgeblich prägte, gewann die Produktentwicklung weiter an Dynamik. Bald wuchs das Unternehmen so stark, dass die bestehende Betriebsstätte erweitert werden musste: Es entstanden ein Kupferhammerwerk, eine Kupferschmiede, Dreherei, Schlosserei, Spenglerei sowie ein eigener Apparatebau.

Während des Zweiten Weltkriegs musste das Unternehmen auf Rüstungsproduktion umstellen. Die Fertigung erfolgte im Zweischichtbetrieb mit bis zu 150 Mitarbeitenden. Nach Kriegsende fehlten Maschinen und Werkzeuge, was die Materialbeschaffung erheblich erschwerte und das Unternehmen vor große Herausforderungen stellte.

Im Jahr 1966 übernahmen Hedwig Wiesmayr (Tochter von Hermann Wiesmayr) und ihr Ehemann Wolfgang Gruber das Unternehmen. Unter der Leitung von Wolfgang Gruber wuchs die Belegschaft auf rund 135 Mitarbeitende an.

Ab 1980 erwarb Otto Prosenbauer (österreichischer Industrieller) die Gesellschaftsanteile und integrierte das Unternehmen als wertvolle Ergänzung zu seinen bestehenden Betrieben. Er konzentrierte sich zunehmend auf landwirtschaftliche Kernprodukte wie Spritzmaschinen, Schnapsbrennanlagen sowie Wein- und Obstpressen.

1992 leitete der bevorstehende Ruhestand von Otto Prosenbauer einen bedeutenden Eigentümerwechsel ein: Er verkaufte den Großteil seiner Anteile an Gerhard und Elisabeth Lidauer, die bereits seit rund 25 Jahren im Unternehmen tätig waren. Minderheitsanteile gingen an Johann und Petra Forster. Gerhard Lidauer, gebürtig aus Marchtrenk, übernahm die Geschäftsführung und verlegte den Verwaltungssitz dorthin.

Da sich der ursprüngliche Standort in der Schießstattgasse 47 weiterhin im Besitz von Herrn Prosenbauer befand, wurde die Produktion zunächst in ein Mietobjekt in der J. Jessernigg-Straße in Stockerau verlegt. 1996 erfolgte schließlich der Umzug der Produktion nach Marchtrenk; der Standort in Stockerau wurde zur Zweigstelle.

2003 übernahm Ing. Jochen Lidauer die Geschäftsleitung des Unternehmens.
2008 erfolgte der Umzug der Produktion in ein modernes Werk in der Freilingerstraße 48 in Marchtrenk, das neben Montagehallen und Lager auch einen Schauraum umfasst.
2023 wurden Betriebsabläufe optimiert und das Serviceangebot erweitert; die Zweigstelle in Stockerau dient seither als Logistik- und Versandzentrum.

Bis 2025 entwickelte sich das Unternehmen zu einem Spezialisten für Feldspritzanlagen im chemischen Pflanzenschutz mit rund 25 Mitarbeitenden und europaweit einzigartigen technischen Lösungen. Schnapsbrennanlagen sowie Spritzmaschinen für Wein- und Obstbau ergänzen weiterhin das Sortiment.

Nach über 100 Jahren erfolgreicher Tätigkeit in der landwirtschaftlichen Technik hat Jessernigg mit Ende Juni 2025 den operativen Geschäftsbetrieb aus mehreren Gründen, u. a. keine Nachfolge, eingestellt. Das Betriebsareal in Marchtrenk wurde an einen international tätigen Großkonzern verkauft.

Quelle: www.jessernigg.com